Blog 3LG #2 - Der FTP-Test

10.04.22 08:49:24

Wie im letzten Beitrag angekündigt steht zu Beginn des Coachings erstmal ein FTP-Test zur Festlegung meiner funktionellen Leistungsschwelle an.


Habe ich schon erwähnt, dass ich diese Tests eigentlich HASSE? Was für eine Quälerei! Und wofür genau? Mein FTP ist doch bereits ganz gut aus den bisherigen Zwift-Rennen ersichtlich?! Aber reicht mir “schon ganz gut” für den Trainingsstart? Ich bin jedenfalls sehr erleichtert, dass zumindest kein extra Test z. B. im Labor Voraussetzung ist. Ich müsste erst sehen, wann genau ich das zeitlich auch noch unterbringen sollte und wie kurzfristig ein Termin überhaupt möglich wäre. Außerdem bin ich mein eigenes Rad daheim inkl. Setup gewohnt und kann nicht einschätzen, wie es mir auf einem Ergometer ginge.

Bzgl. Test-Teilnahme bin ich somit unschlüssig, dazu bleibt die Motivation eher aus. Beim wöchentlichen Coaching-Stammtisch erklärt uns Stefan dann das Thema Leistungsdiagnostik mit allen Facetten und Details - auch die Vor- und Nachteile verschiedener Testmethoden sowie von “in Eigenregie” auf der Rolle oder Straße durchgeführter FTP-Tests. 


Die gesamte Trainingsplanung und jedes Workout bauen auf dem FTP-Wert auf. “ftp” bedeutet “functional threshold power” bzw. “funktionelle Leistungsschwelle”. Damit wird die maximale Durchschnittsleistung bezeichnet, die man im besten Fall eine Stunde lang aufs Pedal bringen kann. Zur Ermittlung wird meist ein 20-Minuten-Test angesetzt, in dem man über diesen Zeitraum so konstant wie möglich mit so viel Leistung wie möglich fährt. Insofern ein ganz wesentlicher Punkt, weil ich bei Rennen in der Regel doch möglichst taktisch und damit alles andere als konstant fahre.

Auf der Indoor-Plattform Zwift, der von uns gern und ausgiebig genutzten virtuellen Rad- und Laufwelt inklusive Workout-Funktionen, gibt es zur Ermittlung 4 verschiedene Protokolle: Einen 20 Min. Test in längerer und kürzerer Version (dann mit verkürztem Warmup und Cooldown), außerdem einen Rampentest in lang und kurz, bei dem sich die zu tretende Wattzahl jede Minute erhöht, bis man die Pedale definitiv nicht mehr weiter rum bringt.

Stefan plant für uns auf Basis des kürzeren 20 Min. Protokolls einen individuell an eine perfekt geeignete Strecke angepassten Test. Für die notwendige Vorbelastung und dann für den Test wird er uns an die “Alpe” begleiten, das ist DER Anstieg in Zwift und die virtuelle Umsetzung der “Alpe d’Huez”-Auffahrt. 

Als wichtige Zusatzinfo gibt er uns mit, dass wir das Protokoll nur fahren sollen, wenn wir uns an dem Tag von Kopf und Beinen her wirklich top motiviert und leistungsbereit fühlen.


Ein hoffentlich letzter Wintereinbruch am vergangenen Wochenende terminiert den Testzeitraum. Es liegt Schnee und wer einen Rollentrainer zu Hause hat, fährt wahrscheinlich sehr gern eher drinnen ;-) . Also trommelt Stefan für Samstagvormittag all seine Coachees zusammen, die Interesse an einer gemeinsamen FTP-Bestimmung haben. Marianne hat bereits einen aktuellen Wert vorliegen und ist daher nicht dabei.


Ich bin vom Kopf her weiterhin eigentlich eher raus … Warum, wofür und überhaupt? Aber irgendwie interessiert es mich dann doch. Wie aussagekräftig ist mein 20 Min. Wert aus den bisherigen Zwift-Rennen eigentlich? Und was kann ich über 20 Minuten bringen, wenn ich einfach mal “stur” vor mich hintreten muss? Wie geht’s mir bei einem FTP-Test zusammen mit anderen und außerdem Stefan mit im Sprachkanal?

Dann kommt von Ela aus meinem Team auch noch der sehr richtige Gedanke, dass für die möglichst objektive Messung meiner Leistungsentwicklung über die nächsten drei Monate ein FTP-Test nach festgelegtem Protokoll jetzt und dann nach dem 3LG doch sehr spannend sein dürfte. Ihren Argumenten komme ich selten aus. OK, damit bin ich angemeldet.


Samstagmorgen bin ich früh wach und etwas durch den Wind. Aufgeregt, mit flauem Gefühl im Magen … was ist denn nun plötzlich los? Das kenne ich sonst nur von wichtigen Renntagen und bin direkt froh, dass der Test für den Vormittag angesetzt ist. Das Frühstück wäre als Grundlage wichtig, hieß es sehr deutlich, und immerhin eine halbe Banane geht irgendwie zum Kaffee dazu.


Kurz vor 10 Uhr sitze ich auf dem Rad und bin mit Stefan und einigen Coachees auf unserem Discord-Sprachkanal - erleichtert, dass wir endlich starten und dazu positiv (an)gespannt. Stefan gibt uns die letzten Instruktionen und beantwortet noch offene Fragen, dann geht’s auch schon los und meine Beine fühlen sich ganz gut an. Nach der ersten Vorbelastung etwas über meiner Leistungsschwelle weiß ich, dass ich den Test wie geplant durchziehen will.


Die Anfahrt bis zum Anstieg ist geschafft und am Fuß der Alpe starten wir alle mit dem 20 Minuten Block. Stefan führt uns rein, sagt uns, dass wir eher konservativ beginnen sollen, um erstmal unsere optimale, eher hohe Trittfrequenz und unseren eigenen Rhythmus zu finden. Außerdem erinnert er uns an eine tiefe und gleichmäßige Atmung. Nach der ersten Hälfte können wir etwas weiter steigern, falls wir uns gut fühlen, gegen Ende ggf. dann noch ein weiteres Mal. 

Mir hilft es gerade für den Kopf immer sehr, solche längeren Blöcke in kleine Einheiten zu zerlegen. Also fahre ich bald abwechselnd jeweils 60 Sek. eher aufrecht am Oberlenker und dann 60 Sek. abgelegt auf meinem Triathlon-Aufsatz, dazu AC/DC und Co. als zusätzliche Motivation im Ohr. Es zieht sich … es ist anstrengend … zwischendurch mag ich überhaupt nicht mehr … aber irgendwie läuft es auch gut und spätestens nach der Hälfte bin ich entschlossen, möglichst optimal abzuliefern. In den letzten Minuten klappt es sogar, nochmal ein paar Watt mehr draufzupacken und dann ist es auch plötzlich geschafft. 


WOHOOO, WENDEN, ABFAHREN :-) !


Stefan gratuliert, gibt uns ein erstes kurzes Feedback, fragt, wie es uns geht (HAHA ;-) !), und kündigt an, sich am Nachmittag nach Auswertung unserer Daten nochmal ausführlicher bei jedem einzeln zu melden. Also erstmal durchatmen, kurz raus vor die Tür, abkühlen, duschen, etwas essen … jetzt mit deutlich mehr Appetit als noch am Morgen.


Ich bin direkt nach dem Test auch einigermaßen zufrieden, da ich mit 201 Watt auf 20 Minuten mein bestes Rennen von vor ca. 2 Wochen mit 203 Watt zumindest bestätigen konnte, was bei mir in etwa 3,5 W/kg bedeutet. Ein neuer Bestwert wäre natürlich noch schöner gewesen, im Nachhinein ärgert’s mich fast etwas. 


Nach Stefans Rückmeldung aber ist die Welt wieder in Ordnung :-) : “War ziemlich gut gepaced, vermutlich wären von Anfang an 5 Watt mehr gegangen, wenn ich mir die Sprints am Ende ansehe.”


BÄÄÄÄMMMM, für mich ein Riesenrespekt, somit alles richtig gemacht und zum Glück dabei gewesen! Der Beginn einer glühenden FTP-Test-Hassliebe?! Vor allem für meinen Kopf war das ein gutes Training und eine Zusatzerfahrung, die mich wieder weiter bringt.


Das kann ich für die nun anstehenden Rennen der Zwift Racing League auch gut brauchen, nachdem ich mich nach meiner Leistungssteigerung der letzten Zeit dort in der nächsthöheren Fahrerkategorie, einem sehr starken Feld von B-Fahrerinnen (3,2 - 3,7 W/kg), beweisen muss bzw. darf. Das werden somit sicher spannende nächste Wochen ;-) ….


Eure Astrid